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Schietwetter hinterm Polarkreis

Na sowas! Zuhause versucht der Winter ein Frühling zu sein und kriegt nur deprimierendes Schmuddelwetter hin. Da reisen wir lieber wieder in den hohen Norden nach Senja, mehr als 300 Kilometer nördlich des Polarkreises, mit Schnee und knackigen Minustemperaturen. Und als wir ankommen: deprimierendes Schmuddelwetter. Plusgrade, Regen, überfrierende Nässe, zusammen gesunkene Schneehaufen, dicke Wolkendecke. Dafür war es dann schon wieder um drei Uhr nachmittags zappenduster. Auch wenn man nicht unbedingt Mitleid mit uns haben muss – zuerst war es doch enttäuschend. Freundlicherweise schneite es in den nächsten Tagen und die Temperaturen sanken wieder unter den Gefrierpunkt. Dennoch bildete das Wetter eine größere fotografische Herausforderung als bei früheren Besuchen. Zum Beispiel gab es nur eine sternklare Nacht – und dann erschienen kaum Nordlichter.  

Immerhin hatte ich mir ja vorgenommen, die Segla noch einmal im Winter zu besuchen. Beim ersten Aufstieg gab es nur trüben Himmel und trübes Licht, aber beim zweiten Versuch riß der Himmel dann endlich mal zur rechten Zeit auf.  Ein unvergesslicher Anblick, ein wahres power-picture – die Segla im Schnee und in dieses farbige arktische Licht gehüllt, das ich so liebe. Und weil es so schön war, mach ich hier mal richtig auf dicke Hose: Ich bin in Schneeschuhen zum Aussichtspunkt hochgestiefelt. Je höher ich kam, desto mehr verloren sich die Spuren anderer Tourengänger – bis schließlich gar keine mehr da waren und ich als erster durch ein jungfräuliches Schneefeld stapfte bis zur Kante, wo ich mein Traumfoto aufzunehmen gedachte. Später machte ich ein Bild von dem gewaltigen Abhang von unten, vom Fjordufer aus. Wenn man das Bild ranzoomt, erkennt man meine Spur, die sich durch den Schnee zieht. Man darf auch mal beeindruckt sein von sich selber (zwinker-zwinker). Umgekehrt kann man auch sagen: so schwer ist das also nicht, da hoch zu kommen. Ich brauchte von Fjordgard (Meereshöhe) aus ca. eine Stunde um zur Kante zu kommen.     

 

Das Kap Tungenest ist bei jedem Wetter ein sicherer Garant für tolle Fotos.  So habe ich auch in diesem Winter etliche Bilder gemacht. Einmal hatte ich Glück, dort zu sein direkt nach einem morgendlichen Schneefall und konnte die Felsen ablichten, bevor die zarte Schneedecke zertrampelt war von den zahlreichen Besuchern. Ich selbst hatte mir Spikes unter die Schuhe geschnallt, um auf den vereisten Felsen vorwärts zu kommen, ohne dauernd abzurutschen. Die Spikes hatten darüber hinaus den Vorteil, daß sie nur unscheinbare Spuren im Schnee hinterliessen, so dass ich nicht als erster Fotograf die weiße Pracht versaute.

 

Gewöhnlich weisen alle Fotografien in Richtung der „Ochsenhörner“, wie die Felszackenspitze genannt wird, die Ersfjord und Steinfjord nach Nordosten abriegelt. Da es meistens Weitwinkelaufnahmen sind, die die Entfernungen auseinanderzeihen, wird die der grandiose Anblick, den die Ochsenhörner bieten immer verzwergt. Immerhin sind die Felsspitzen bis über 600 Meter hoch. Sehr beeindruckend, wenn man sie schon von weitem aufragen sieht. Trotzdem ist es prinzipiell fast immer eine gute Idee, auch einmal einen Blick in die andere Richtung zu wagen. Ich jedenfalls finde das Bild von dem Felsentümpel aus der anderen Richtung sehr gelungen, wie sich das Husfjell und die umgebenden Berge im Wasser spiegeln.  

Ansonsten ist es schön, sich auch weniger abfotografierte Plätze zu suchen, wie etwa den Strand bei Bøvaer hinter Skaland mit dem Blick auf verschneite, scheinbar endlose Bergketten  oder am Bergsfjord vor der Finnkona (704 Meter hoch), wo freundlicherweise noch Treibholz herumlag.

Am letzten Tag meldete sich das Schmuddelwetter zurück und so war es dann auch ganz in Ordnung, wieder abzureisen, zurück ins heimische Schietwetter.

 

Am besten betrachtet ihr die Bilder wieder vor schwarzem Hintergrund im Vollbildmodus.

Sommerbilder von Senja findet ihr hier.

 

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