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Schilfbewohner

Es geht wieder los mit der Tierfotografie. Dank Corona und den damit verbundenen Beschränkungen hatte ich dieses Jahr mehr Zeit übrig als sonst. Um scheue Vögel zu fotografieren genau das richtige. In den vergangenen Wochen habe ich mich besonders einer Vogelart intensiver gewidmet: dem Blaukehlchen.

Man erkennt es am besten an den roten Unterschwanzfedern. Hä? Ja, in der Tat, das erste woran man ein Blaukehlchen erkennt, wenn es denn mal im Schilf oder Gebüsch aufflattert, sind die rotschwarzen Federn unter dem Schwanz, die es aufspreizt, wenn es auffliegt. Die Oberseite des Vogels ist ansonsten grau-oliv-braun. So wie bei vielen heimischen Singvögeln und eben nicht sehr auffällig.

Um Blaukehlchen zu fotografieren muss man erst einmal welche finden. Blaukehlchen leben gerne in ausgedehnten Röhrichtbeständen um Seen und Sümpfen und dort sehr versteckt. Im Frühjahr, wenn die Blaukehlchen aus ihren Winterquartieren zurück kommen, werden sie auffälliger. Jedenfalls die Männchen. Dann gilt es, eine Partnerin zu finden und um die Weibchen anzulocken, wird gesungen. Blaukehlchen hört man meistens, bevor man sie sieht. Der Gesang der "friesischen Nachtigall" ist relativ rockig mit markanten, sich steigernden Riffs.

Wenn man eines hört, muss man sich also an den entsprechenden Punkten mit der Kamera postieren und – warten. Bis so ein Blaukehlchenmann sich aus dem dichten Schilf heraustraut und oben auf eine Halmspitze setzt. Dann nach Möglichkeit so, dass man auch die herrlich bunte Brust mit dem blauen Latz und dem weißen Stern sehen kann. Die meisten Blaukehlchen sind eher scheu, aber ab und zu gibt es ein Blaukehlchen, das etwas zutraulicher (oder unbedarfter) ist und näher herankommt. Auch dann wartet man noch lang genug und oft vergeblich. Ich empfinde es immer als ein kleines Glück, wenn einem so ein kleiner Vogel genug Vertrauen schenkt und sich in kameratauglicher Nahdistanz nieder lässt. Wenn da bloß nicht die vielen Halme wären, die das Bild zerschneiden, blöde Schatten auf den Vogel werfen oder das Bild etwas breiig machen, wenn man direkt durch das Schilf fotografieren muss. Oder der Autofokus weiß vor lauter Linien nicht, wo er jetzt  scharf stellen soll. Außerdem darf man nicht vergessen, wie winzig die Vögel sind: gerade mal 14 cm groß und 17 g schwer (eine halbe Unze).

In der ganzen Zeit habe ich kein einziges Weibchen gesehen – die leben noch versteckter im Schilf und lassen sich kaum blicken – irgendwie wie in Saudi-Arabien. Bei manchen Naturfotografen gilt ein Blaukehlchenweibchenbild deshalb als die wertvollere Trophäe – obwohl die Weibchen deutlich schlichter gefärbt sind.

Nach erfolgreicher Paarfindung ziehen sich die Blaukehlchen ins Röhricht zurück, um ein Nest zu bauen. Wenn sie dann auf Futtersuche sind für ihre Jungen, sollen sie wieder sichtbarer werden. Das werde ich dann mal im Sommer ausprobieren.

Solange sich kein Blaukehlchen blicken lässt, kann man sich die Zeit im Schilf auch mit Grasmücken, Rohrammern oder Rohrsängern vertreiben.

 

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Kommentare: 4
  • #1

    Susanne Platzhoff (Dienstag, 12 Mai 2020 20:12)

    Mega schöne Bilder! Vielen Dank, lieber Stefan!

  • #2

    Torsten Nolte (Mittwoch, 13 Mai 2020 08:53)

    Tolle Bilder, Stefan. Ich bin begeistert.

  • #3

    Katja (Freitag, 02 Oktober 2020 01:07)

    Ein Bild schöner als das andere! Wirklich toll! Sensibel, einfühlsam und atmosphärisch. Du zeigst die Schönheit unserer Schöpfung .

  • #4

    Sabine Retkowski (Mittwoch, 02 Dezember 2020 22:03)

    Gott wie putzig und süss super tolle Fotos

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