An und für sich ist Schleswig-Holstein ein schönes Bundesland. Es hat aber einen gravierenden Nachteil: es gibt hier keine Fischadler. Jedenfalls nicht als Stand- bzw. Brutvogel. Das ist schade, denn meiner bescheidenen Meinung nach gibt es keinen aufregenderen Greifvogel als den Fischadler. Elegant ist er obendrein mit seinem braun-cremefarbenen Gefieder, den großen gelben Augen und dem kleinen Schopf am Hinterkopf. Nun sind Fischadler Zugvögel und manchmal ziehen sie auch durch die Gegend, wo ich zuhause bin. Dieses Jahr hatte ich besonderes Glück – an einem der zahlreichen Seen der Holsteinischen Schweiz machte ein Fischadler einen ausgiebigen Zwischenstopp auf seiner langen Reise nach Afrika.
An dem hellen Rand an den Federn und der Farbe der Augen, die leicht ins Orange spielt, kann man erkennen, dass es sich um einen jüngeren Vogel handelt. Junge Fischadler treten ihren ersten großen Herbstzug in der Regel alleine an – anders als etwas Kraniche – und suchen sich ihren Weg nach Süden weitgehend eigenständig. Dieser Fischadler hielt sich nun also knapp sechs Wochen bei mildem Wetter bei uns auf. Was für ein Erlebnis, diesen tollen Vogel zu beobachten, wie er über den See flog, in der Luft stehen blieb und rüttelte, um dann mit einem saftigen Platsch ins Wasser zu stürzen. Wenn es am See irgendwo klatschte, wußte ich, dass der Fischadler wieder jagt. Das tut er in so einem atemberaubenden Tempo, dass es mit leider nicht gelungen ist, ihn dabei zu fotografieren, wie er sein Opfer direkt im Wasser erfgreift. Langsam wie ich bin, habe ich ihn nur einige Male erwischt, wie er mit dem gefangenen Fisch über dem See kreiste, um sich dann ein Plätzchen zu suchen, wo er die Beute in Ruhe auffressen konnte. Meistens jagte er am Vormittag und machte dann eine Mittagspause – abhängig auch davon, wie schnell er erfolgreich er war. Trotz atemberaubender Geschwindigkeit tauchte er bei ca. zwei Dritteln seiner Attacken ohne Fisch wieder auf. Am Nachmittag begab er sich dann wieder auf Beutezug. Der Fischadler taucht beim Angriff voll unter – wenn er danach wieder aus dem Wasser auffliegt, schüttelt er erstmal das Wasser aus dem Gefieder. Der Fisch – so er denn einen gefangen hatte – wird in der Regel mit dem Kopf nach vorne gedreht, zwecks aerodynamischer Optimierung.
Besonders gerne saß er auf einem alten abgestorbenen Baum am Ufer, von wo aus er den See gut im Blick hatte und dann und wann auch direkt zum Angriff startete. Unterhalb dieses Baumes konnte ich mir ein kleines Tarnversteck einrichten, wo mir einige schöne Bilder gelangen – nicht nur vom Fischadler, sondern auch von anderen Greifvögeln, Reihern und Kormoranen.
So ganz schlecht schien es dem Fischadler bei uns nicht zu gefallen. Wie gesagt, er ließ sich über sechs Wochen Zeit, bevor er weiter zog. Für mich tolle Tage mit beeindruckenden Beobachtungen und einigen schönen Fotos. An Fischadlern kann ich mich einfach nicht satt sehen! So oft, wie meine Pflichten es zuließen, saß ich in meinem Versteck und lauerte dem Fischadler auf. Nach dem ersten großen Herbststurm „Gisela“ war er verschwunden. Vermutlich weiter gezogen, dorthin, wo es wärmer und gemütlicher ist, bis nach Afrika südlich der Sahara. Ich wünsche ihm sehr, daß er die Reise über das Meer und die Wüste gut übersteht. Nach ihrer ersten Winterreise bleiben junge Fischadler zunächst zwei, drei Jahre in Afrika. Erst dann ziehen sie im Frühling wieder zurück in die Gegend, in der sie aus dem Ei geschlüpft sind. Hoffentlich macht er dann wieder Rast bei uns!
Am besten genießt ihr die Fotos im Vollbildmodus. Vielen Dank schon mal im Voraus für alle Kommentare!
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Minna Njumbe Njikang (Mittwoch, 21 Oktober 2020 22:01)
❤️
Romano Amend (Sonntag, 25 Oktober 2020 12:20)
Allesamt großartige Fotos – Herzlichen Glückwunsch!
Wunderschön, wie sich beim Foto “Angriff!” die äußeren Federn des Fischadlers auffächern – und die Konzentration im fokussierten Blick des Fischadlers ... wirklich toll!
Malte Reshöft (Sonntag, 08 November 2020 14:32)
Wunderbare Fotos, die dein gutes Gespür für den richtigen Moment sowie die große Geduld beim Warten auf genau diesen erahnen lassen. Glückwunsch!
Sabine Retkowski (Mittwoch, 02 Dezember 2020 21:56)
Unglaublich faszinierende super klare FotoMomente!
Höchste Klasse!