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Sommer mit Seeschwalben

 

Sommer mit Seeschwalben

 

Wer unaufmerksam an der Küste von Seen und Meeren entlang schlendert, mag sie für Möwen halten. Aber wie sich ein normaler Personenkraftwagen von einem Ferrari unterscheidet,  so weit von den Möwen sind die Seeschwalben entfernt. Seeschwalben sind wendigere Flieger, verhalten sich anders und sind vor allem ungleich eleganter – Vögel, die aus nahezu jeder Position gut aussehen.  Insgesamt 39 Arten von Seeschwalben gibt es, davon kommen in Deutschland neun vor. Seeschwalben haben es in Deutschland schwer – fast alle Arten sind gefährdet, weil es an geeigneten Nistplätzen fehlt. Einige Arten, wie die Flussseeschwalbe, kann man mit künstlichen Brutflößen unterstützen. 

 

Alle europäischen Seeschwalben sind Zugvögel, die gewaltige Flugleistungen erbringen. Die Küstenseeschwalbe etwa brütet im hohen Norden bis in die Arktis – und verbringt den Winter in der Antarktis. Das liegt daran, dass Seeschwalben mit den Augen jagen – sie rütteln über der Wasseroberfläche und stürzen sich dann im Sturzflug ins Wasser, um Fische, Krebse und anderes Meeresgetier zu erbeuten. Dazu brauchen sie Licht und das ist im Norden im Winter bekanntlich knapp, weshalb sie im August nach Süden ziehen, wo dann Polarsommer ist. Die Seeschwalben reisen immer dem Licht hinterher.

 

Die meisten Seeschwalben leben in lockeren Kolonien, wo es lautstark und actionreich zugeht. Ich kann mich nicht sattsehen an den tollen Flugmanövern oder wie sich die Vögel untereinander kabbeln. Diesen Sommer habe ich viel Zeit mit den Zwergseeschwalben verbracht. Wie der Name andeutet, ist es die kleinste Seeschwalbenart – quasi eine Miniaturausgabe der größeren Verwandten, der Fluß- und der Küstenseeschwalbe. Bedauerlicherweise ist sie in Deutschland vom Aussterben bedroht. In Schleswig-Holstein gibt es noch eine kleine Kolonie an der Ostsee, eingeklemmt zwischen Touristränden und Campingplatz. Der zentrale Brutplatz ist eingezäunt und mit Elektrozäunen und Drahtnetzen abgesichert wie ein Hochsicherheitstrakt im Gefängnis – gegen Füchse, Katzen, Marder und Menschen, die einfach im Schutzgebiete herumlaufen. Ja, solche gibt es, trotz zahlreicher Schilder.

Alle Fotos entstanden selbstverständlich von außerhalb des Schutzareals, für das im Übrigen ein strenges Betretungsverbot gilt. Wenn man sich als Mensch aufrecht nähert, löst man entweder Flucht aus oder Angriffe der Vögel. Wenn man sich klein macht und ruhig verhält, lassen sich die Zwergseeschwalben und die Küstenseeschwalben, die dort ebenfalls brüten, fast nicht stören.

 

Der Sommer der Zwergseeschwalben sieht etwa folgendermaßen aus:  im Mai Rückkehr aus den Winterquartieren, dann Balz und Paarung. Bei der Balz überreicht das Männchen dem Weibchen eine symbolische Futtergabe. Sozusagen als Brautgeschenk. Danach wird ca. drei Wochen gebrütet und Mitte Juni schlüpfen dann ein bis zwei Jungen.

Nun wird es stressig für die Eltern – unablässig zischen sie hin und her zwischen Meer und Jungen, um den Hunger ihrer Kinder zu stillen, der nie vergeht. Dabei herrscht unter den Geschwistern durchaus harte Konkurrenz. Sobald die Küken bemerken, dass sich ein Elternteil mit Beute nähert, fangen sie an zu kreischen und wie verrückt mit den Flügelstummeln zu schlagen, um auf sich aufmerksam zu machen. Die Zwergseeschwalbe landet und welches Küken als erstes angerannt kommt, ergattert den Fisch. Meistens einen kleinen Sandaal – eine Fischart, die es nur zu geben scheint, um als Futter für andere Tiere zu dienen. Mir erschien es allerdings bei dem Pärchen, das ich beobachtete, als ob die Eltern ihre beiden Küken gleichmäßig abwechselnd bedachten. Nur ein subjektiver Eindruck – vielleicht wäre das ja mal ein Projekt für einen Biologiestudierenden in den Semesterferien? Die Küken erkennen ihre Eltern übrigens an der Stimme – jede Seeschwalbe hat ihren persönlichen Klang.

 

Die Küken brauchen ungefähr drei Wochen bis sie flügge sind. Drollig ist es, wie sie mit den noch nicht voll entwickelten Flügeln schlagen und erste wilde Hopser machen. Auch wenn sie endlich fliegen können, werden sie von den Eltern weiterhin gefüttert, weil sie die Stoßtauchtechnik erst mühsam lernen müssen.

Die Sterblichkeit ist jedoch hoch – bei Flussseeschwalben schafft es nur jedes dritte Küken bis zum Flüggewerden.  Ich vermute, ähnliches gilt für die Zwergseeschwalbe. Ich konnte in dieser Kolonie beobachten, dass die erwachsenen Küstenseeschwalben abpassten, wann ein Küken von seinen Eltern gefüttert wurde und dann gezielt den kleinen Vogel attackierten, bis der vor Angst seinen Fisch fallen liess. Den sich dann die Küstenseeschwalbe schnappte. Ganz schön fies! Die alten Zwergseeschwalben haben das auch begriffen, so dass sie unter den gierigen Augen der doppelt so großen Küstenseeschwalben bisweilen mehrere Anflugversuche machen müssen,  bis sie die Beute sicher ihren Küken übergeben konnten. Anfang bis Mitte August verlassen die Zwergseeschwalben Deutschland und fliegen an die Küsten Westafrikas, wo sie den Winter verbringen.

 

Beeindruckend sind die Jagdmanöver der Zwergseeschwalben! (Der anderen Seeschwalbenarten übrigens auch.) Der ungefähr amselgroße Vogel düst über die Wasseroberfläche, bleibt rüttelnd wie ein Falke stehen und stürzt sich dann plötzlich ins Wasser, mit dem Schnabel voran. Die Flügelspitzen gucken aus dem Wasser, dann taucht der Kopf der Seeschwalbe auf, für einen Wimpernschlag wirkt sie wie ein Ertrinkender, bis sie aus dem Wasser auffliegt, ein Fischlein, einen Krebs oder einen Wattwurm im Schnabel.  Oder mit leerem Schnabel, dann setzt sie ihre Angriffe einfach fort. Das passiert in Sekundenbruchteilen und stellt Fotograf und Kamera vor ziemliche Herausforderungen. Es sammelt sich schnell viel Ausschuß auf der Speicherkarte an, macht aber Riesenspaß und für mich ein tolles Sommervergnügen!

Für euer Vergnügen empfehle ich die Bilder im Vollbildmodus vor schwarzem Hintergrund zu betrachten!

 Mehr Tier- und Sommerbilder gibt es hier, hier und hier!

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